...liest gerade „Gesang der Fledermäuse“ von Olga Tokarczuk

Ein abgelegenes Bergdorf an der polnisch tschechischen Grenze.

Ein unbarmherziger Winter.

Eine Außenseiterin, die mit Tieren spricht.

Und plötzlich - ein Mord.

 

Im schneereichen und harten Winter bewohnen sie nur zu dritt das Dorf. Doch weil die alte Englischlehrerin als verschroben, ja schrullig gilt, verbringt sie die Tage meist allein, besonders seitdem ihre Liebsten spurlos verschwunden sind. Tiere gelten ihr als Bezugspersonen, zu denen sie eine eigentümliche Nähe aufbaut. Ihre größte Leidenschaft liegt aber darin, die Sterne zu deuten und sich damit das Leben zu erklären.

 

Als einer ihrer Nachbarn plötzlich stirbt, erstickt an dem Knochen eines Rehs, das er zuvor gejagt hat, beginnt eine mysteriöse Mordserie. Männer fallen ihr zum Opfer, Männer, die sich allesamt gegen Tiere versündigt haben. Die Alte macht sich auf die Suche nach dem Mörder und wird bald von einem Verdacht heimgesucht, der sie noch mehr ins Abseits stellt: Es sind die Tiere, die sich rächen.

 

Was zunächst wie ein Krimi klingt, ist es gewissermaßen auch – es ist die Persiflage eines Krimis. Mit einer Prise Humor erzählt Tokarczuk die Geschichte einer Außenseiterin, die in ihrer Einsamkeit große Empathie mit Tieren entwickelte und nun einem Rachefeldzug auf die Schliche kommt, der sich gegen Jäger wendet. Gespickt mit einem gesellschafts- und religionskritischen, feministischen und naturmystischen Unterton breitet sich vor dem Leser die Geschichte einer extremistischen Vegetarierin aus.

 

Olga Tokarczuk gewann 2019 den Literaturnobelpreis – rückwirkend für 2018 – und wie schon ihr Roman UNRAST konnte mich auch dieser leider nicht vollends begeistern. In der klaren und bildreichen Sprache verliert man sich zwar gerne, aber die Erzählung mäanderte so viel herum, schlug mal die eine Richtung ein, um dann wieder eine andere zu nehmen, dass mich die Geschichte eher langweilte als zu unterhalten. Das Ende löste in mir jedoch die größten Zweifel aus, da dadurch letztlich der Grund der Narration in sich zusammenbrach. Seitdem klingt die Frage in mir nach, wem und warum eigentlich dieser Text erzählt wird. Eine Antwort habe ich bis jetzt nicht gefunden.

 

 

 

Olga Tokarczuk: Gesang der Fledermäuse

Roman

Hardcover, 320 Seiten

Kampa Verlag, Zürich 2019