...liest gerade "Der Tod ist ein mühseliges Geschäft" von Khaled Khalifa

Bubbul, Hussein und Fatima sitzen im Minibus. Sie sind Geschwister, aber sie haben sich nichts zu sagen. Ihre Familienbande ist schon seit langem zerrissen. Doch nun fahren sie quer durch Syrien. Der Gestank ist kaum auszuhalten und nimmt von Minute zu Minute zu.
Denn hinten liegt der Vater und verwest. Er ist tot.

 

Bevor der Vater starb, nahm Bulbul ihm seinen letzten Willen ab: Er will in Anabîja, seinem Heimatdorf, begraben werden. Das Problem ist nur, es ist Krieg. Und so trommelt der Sohn seine Geschwister zusammen und gemeinsam machen sie sich auf die nur wenige hundert Kilometer lange Reise.

 

Doch für die kurze Strecke brauchen sie mehrere Tage. Immer wieder werden sie an Checkpoints angehalten, mal von Kämpfern der Freien Syrischen Armee, mal von regimetreuen Truppen, mal von furchteinflößenden Islamisten. Sie fahren durch ein völlig zerstörtes Land, das überall das Grauen des Krieges aufweist. Leichen pflastern den Weg, Massengräber gibt es in jedem Dorf, zerbombte Städte und Landstriche ziehen an ihnen vorbei, Gegenden, wo nichts mehr sprießt. Ihr Nachname öffnet ihnen in einigen Orten Türen, in anderen riskieren sie mit ihm ihr Leben.

 

Ihr Vater ist in jenen Tagen eines anormalen Todes gestorben, denn er ist eines natürlichen Todes gestorben. Ganz im Gegensatz zu den anderen Toten, die jede Familie zu betrauern hat. Denn der Tod lauert auf jeden, durch Bombardierungen oder in Folterkellern, durch Heckenschützen oder in Gefechten, durch Entführungen und Morde. Der Tod ist allgegenwärtig.

 

Der Roman ist erschütternd. In seiner ganzen Härte und Brutalität stellt er das Leben in Syrien dar, wo an kein Leben mehr gedacht werden kann. In Rückblicken werden die Geschichten der Protagonisten erzählt, ihr Leben in der Diktatur, ihr Aufbegehren oder Stillhalten, ihre Liebschaften und Familienzwiste, Träume und Enttäuschungen, eben jene Wege, die sie zu genau diesem Punkt führten, an dem sie den toten Vater durch ein Land fahren, das nicht mehr wiederzuerkennen ist.

 

Bereits 2016 erschienen (2018 in deutscher Übersetzung) wühlt der Roman auf und wirft den Blick auf ein vom Krieg gebeuteltes Land, das Spielball innerer und äußerer Machtkämpfe ist, in dem jedoch immer noch Menschen leben, die sich an das Letzte klammern, was ihnen in all dem Schrecken geblieben ist: Hoffnung.

 

 

 

Khaled Khalifa: Der Tod ist ein mühseliges Geschäft

Roman, aus dem Arabischen von Hartmut Fähndrich

Hardcover, 224 Seiten

Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 2018