Mal wieder Zeit für einen echten Klassiker!
Gibt es einen (post)moderneren Roman als diesen?
Hier steckt schon alles drin, was in der (Post)Moderne auf die Spitze getrieben wird: Leseranrede und übersprungene Passagen, willkürliche Absätze und Kapitel, Textlücken und Unterbrechungen,
Einschübe und Fußnoten, herausgerissene Kapitel und geschwärzte Seiten, Übersetzungen und synoptische Gegenüberstellung, Symbole und Zeichnungen, Verwirrung um Erzählzeit und erzählte Zeit,
Selbstreflexionen und besonders Abschweifungen über Abschweifungen und noch so vieles mehr.
Es fehlt eine chronologische und stringente Erzählung mit Haupt- und Nebenfiguren, die zwischen einem sinnvollen Anfang und einem Ende, auf das alles hinausläuft, eingebettet ist. Vielmehr liegt
ein Flickenteppich an Erzählsträngen vor, die immer weiter auschweifen und abschweifen, nie wirklich zurückfinden, sondern sich irgendwann verlieren. Der Roman spielt mit der Literatur,
experimentiert mit Fiktionalität, Fiktivität und Faktualität, wirft Ideen und Assoziationen auf und verwirrt und verschachtelt sich. Er ironisiert und reflektiert sich und dabei irritiert und
erheitert er ungemein.
Laurence Sterne, ein damals unbekannter anglo-irischer Geistlicher, hat mit seinem Roman, der in 9 Bänden zwischen 1759 und 1767 erschien, ein Meisterwerk erschaffen, eine Referenz für alle
späteren Romane, die mit ihrer eigenen Entstehung und Künstlichkeit spielen.
"Tristram Shandy" ist einer der herausragendsten Romane der Weltliteratur, witzig und unterhaltsam, zugleich unerreicht.