Warum gibt es eigentlich Ostern?
Na klar, jeder kennt die Geschichte vom Verrat des Judas Iskariot, der Folter und der Kreuzigung Jesu und seiner wundersamen Auferstehung.
Aber wer war eigentlich dieser Judas, der den Stein des Christentums erst ins Rollen brachte?
Lange Zeit galt er als Verräter, als das personifizierte Böse, der habgierig 30 Silberlinge einsackte und dafür den Sohn Gottes verriet. Auf vielen Gemälden vom Letzten Abendmahl sticht er daher auch durch seine Hässlichkeit heraus, die schiefe Nase, das boshafte Lächeln.
Eine spätere Theorie besagt, dass er lediglich Gottes Plan vollbrachte, dass dieser Apostel demütig ausführte, was von oben bestimmt ward.
Amos Oz schlägt in seinem "Zwischenruf" jedoch einen anderen Weg ein und folgt darin einer neueren Theorie. Er sieht in Judas keinen Verräter, auch keine Marionette eines allmächtigen Gottes, sondern jemanden, der an Jesus glaubte, der mehr und stärker als alle anderen an den Messias glaubte, an seine Wunderkraft, an das Reich Gottes.
Aber in seinen Augen unternahm Jesus zu wenig, um die Menschen von seiner Botschaft zu überzeugen, denn in Jerusalem war Jesus nur einer unter vielen Reformjuden. Judas glaubte so fest an ihn, dass er ihn nötigte, das Wunder der Wunder zu vollbringen. Er war so sehr von seiner Göttlichkeit überzeugt, dass er alles arrangierte, Verbindungen zu Priestern spann und zur Primetime den Showdown initiierte. Sein unbändiger Glaube drängte ihn dazu. Jesus sollte vor aller Augen den Tod besiegen und das Himmelreich einläuten.
Als Jesus jedoch am Kreuz stirbt, bricht Judas fassungslos zusammen. Er sieht ein, dass er zu viel verlangte, dass er den Menschen, den er am meisten liebte, getötet hatte, und erhängt sich.
Was war Judas nun?
Ein Verräter?
Eine Marionette?
Oder war er gar der erste Christ?
Wir werden es wohl niemals wissen...
In diesem Sinne Frohe Ostern!
Amos Oz: Jesus und Judas. Ein Zwischenruf
Hardcover, 96 Seiten
Patmos Verlag 2019