...liest gerade "Die Frau in den Dünen" von Kobo Abe

Sein Ziel ist der Strand und das Meer. Eigentlich will er nur raus aus der Stadt und seiner Leidenschaft nachgehen: ein paar der legendären Sandläufer fangen. Diese Käfer locken ihre Beute in die Wüste, um sie dann, wenn sie kraftlos und durstig sterben, aussaugen zu können. Als es Abend wird und er nicht mehr nach Hause zurückkommt, übernachtet er in einem Dorf, das in den Dünen liegt. Untergebracht wird er bei einer Frau, die in einem riesigen Sandloch wohnt. Da es viele dieser Löcher gibt, alle versehen mit Strickleitern, nimmt er das Angebot gerne an. Am nächsten Tag ist die Strickleiter jedoch hochgezogen und er sitzt in der Falle.

 

Fortan soll er der Frau bei ihrer Arbeit helfen. Es ist eine Sisyphosarbeit, denn alles dreht sich in dem Loch um den Sand, der endlos hinabrieselt. Täglich muss er weggeschaufelt werden, um das obenliegende Dorf am Leben zu halten. Der Mann kann sich mit seiner Gefangenschaft nicht abfinden und versucht mehrmals zu fliehen, scheitert jedoch immer wieder. Und so muss er die Situation akzeptieren, bis sich ihm schließlich eine einmalige Gelegenheit bietet, doch noch zu entkommen.

 

Bereits 1962 in Japan veröffentlicht, gilt der Roman heute als ein Klassiker der modernen japanischen Literatur. Und das völlig zurecht!

 

Die surreale Situation, die leisen kafkaesken Untertöne, das Aufwerfen großer Themen von Existenzialismus über Entwurzelung hin zu Gesellschafts- und Systemkritik, gepaart mit einer reinen und klaren Prosa machen diesen Roman einzigartig. Verschiedene Lesarten und Interpretationsmöglichkeiten halten ihn in der Schwebe und verankern ihn so desto stärker im Gedächtnis .

 

Ein wirklich hervorragender Roman!

 

Die Taschenbuchausgabe mit einem langen Nachwort ist im Unionsverlag erschienen.

 

 

 

Kobo Abe: Die Frau in den Dünen

Roman, aus dem Japanischen von Oscar Benl und Mieko Osaki

Taschenbuch, 256 Seiten

Unionsverlag, Zürich 2018