...liest gerade "Der Circle" von Dave Eggers

Mae ist jung und dynamisch. Als sie durch ihre Freundin Annie eine Stelle beim Circle erhält, kann sie ihr Glück kaum fassen. Der Circle ist nicht nur FacebookGoogleAppleEtcpp in einem, sondern hat auch einen Campus zu bieten, der jene der Internetgiganten noch weit übertrifft. In dieser Wohlfühloase wird unentwegt an neuen Gadgets gefeilt, an Armbändern, implantierten Chips und Kameras, die alle nur eines zum Ziel haben: Daten sammeln.

 

Endlose Partizipation und Kommunikation sowie ständige Überwachung lassen den gläsernen Menschen entstehen. Ging es bei "1984" noch um ein von oben auferlegtes autoritäres Regime, wird hier nun die Freiheit der Privatsphäre durch den Menschen selbst aufgegeben. Niemand soll mehr Geheimnisse haben, denn Geheimnisse machen suspekt. Diejenigen, die nicht Teil dieser schönen neuen Welt sein wollen, werden schnell die Schattenseiten ihrer freien Meinung kennenlernen. Und so ist es zuletzt auch Mae, die durch ihre Naivität das totalitäre System selbst initiert.

 

Vor fünf Jahren gefeiert als das Buch der Stunde, hat es literarisch doch nur wenig zu bieten. Der Roman lebt von den Ideen, die der Circle entwirft. Doch die Aktualität des Stoffes verkommt zur Effekthascherei, denn es mangelt an Dramaturgie, Figurentiefe, an literarischen Finessen, an viel zu viel "tell" und zu wenig "show". Dafür gibt es reichlich plakative Darstellungen und einen Spannungsbogen, der über den Boden kriecht.

 

Mich konnte "Der Circle" nur wenig begeistern.

 

 

 

Dave Eggers: Der Circle

Roman, aus dem amerikanischen Englisch von Ulrike Wasel und Klaus Timmermann

Taschenbuch, 560 Seiten

Kiepenheuer & Witsch, Köln 2014