Zum Gedenken an Paul Thomas Mann

Der Zauberer. Der Stilist. Der Ironist. Der Schriftsteller des Großbürgertums. Der raunende Beschwörer des Imperfekts. Der Nobelpreisträger. Der Exilant. Der Mythologe. Der Kämpfer gegen das Dritte Reich...

 

PAUL THOMAS MANN

 

Heute wird der 145. Geburtstag des Schriftstellers begangen, einer der größten und bedeutsamsten des letzten Jahrhunderts. In einer bewegten und von tiefen Umwälzungen beeinflussten Lebenszeit, die vom alten Kaiserreich über den 1. Weltkrieg, die Weimarer Republik und den 2. Weltkrieg bis in die Anfänge des Kalten Krieges reichte, lebte er ein durchaus bewegtes Leben, geprägt durch Großbürgertum, Zerrissenheit zwischen Künstlertum und Bürgerlichkeit, Verwerfungen mit seinem Bruder Heinrich angesichts seiner eigenen Treue für das Kaiserreich, Arrangement mit der ersten deutschen Demokratie, Flucht und Vertreibung durch die Barberei des Nationalsozialismus, Verlust der Heimat und Leben im Exil, Kampf gegen das Dritte Reich sowie geprägt durch eine große, zwischen Genie und Wahnsinn wankenden Familie, deren schmerzhaftester Höhepunkt sicherlich der Freitod des Sohnes Klaus darstellte.

 

Biographien, Filme, Dokumentationen gibt es zuhauf über Thomas Mann im Speziellen, als auch über die ganze Familie. In all den Annäherungen an den Mythos Thomas Mann, in all den Spekulationen über Homosexualität, Familienbande und politische Einstellungen bleibt seine literarische Leistung jedoch unvergessen, darunter besonders seine beiden Romane "Buddenbrooks", mit dessen Geschichte über den Verfall einer Kaufmannsfamilie er die Epoche des literarischen Realismus beschloss und für den er schließlich Jahre später den Nobelpreis erhielt, als auch "Der Zauberberg", dieses philosophische und politische Großwerk im Stile eines opulenten und ausschweifenden Bildungsromans. Unerwähnt bleiben darf natürlich auch nicht seine Novelle "Der Tod in Venedig", in der er seine Lieblingsthemen vereinte: Künstlerproblematik, Mythologie, Dekadenz und Tod.

 

Vor beinahe 10 Jahren schrieb ich meine Magisterarbeit allerdings über ein Spätwerk Thomas Manns. "Doktor Faustus" greift nicht nur den Faustmythos auf, den Pakt mit dem Teufel, um in Verzicht auf menschliche Wärme und Nähe unmenschliche Kreativität zu erlangen, sondern ist ebenso ein Epochen-, Gesellschafts-, Künstler- und vor allem Musikroman. Scharfsinnig, stilistisch brillant und ironisch gebrochen wird hier das Leben von Adrian Leverkühn erzählt, der - angelehnt an Nietzsche - an der Syphilis erkrankt und sein Leben der Kunst widmet.

 

Auch 145 Jahre nach seiner Geburt sowie 65 Jahre nach seinem Tod sind die Werke Thomas Manns immer noch eine literarische Reise wert, die ich nur jederfrau und jedermann empfehlen kann.