...liest gerade "Mogador" von Martin Mosebach

Die Vorladung aufs Polizeipräsidium war zu viel. Er sieht nur einen Ausweg - er muss fliehen. Fliehen vor dem Arm der Justiz, der bereits nach ihm greift. Fliehen vor den Journalisten, die auf ihn warten und wolllüstig danach trachten, ihn zu zerschreiben. Fliehen vor seinem schlechten Gewissen, das tief in ihm nagt und sich immer energischer in ihn hineinbohrt.
Fliehen ins Ungewisse.

 

Patrick Elff ist jung, doch hat die Karriereleiter schon weit erklommen. Als Abteilungsleiter einer Bank hat er einen steilen Aufstieg hinter sich und könnte ein sorgenfreies Leben genießen. Doch der Selbstmord einer seiner Mitarbeiter wirft Fragen auf. Fragen, die er nicht beantworten kann - oder will. Und so springt er aus dem Fenster des Polizeipräsidiums und lässt von einem auf den anderen Augenblick alles zurück: seinen hochdekorierten Job, seine Ehefrau, sein bisheriges Leben.

 

Marokko ist sein Ziel, wo er einen einflussreichen und gut situierten Geschäftspartner zu finden hofft, für den er vor einigen Jahren ein dubioses Geschäft getätigt hat. Doch vor Ort wird er in eine Welt gezogen, die unter dem Schleier der Sittsamkeit ihren Sündenpfuhl versteckt. Zwischen Religion und Aberglaube, zwischen Huren und Magiern, mitten in einer archaischen und scheinbar vormodernen Zeit begibt er sich auf eine Reise, die sein Leben ins Wanken bringt.

 

Martin Mosebach hat einen verblüffenden Roman geschrieben. Durch die poetische Sprache taucht man tief in die Zauberwelt und den Alltag Marokkos ein. Dabei changiert die Geschichte zwischen den Genres. Was als (Wirtschafts-)Krimi beginnt, blüht immer mehr zum Märchen auf, in dem Realität und Fantasie zusehends ineinander fließen. Ein besonderer Kniff zu Zeiten endloser Flüchtlingsdebatten ist zudem die umgekehrte Fluchtbewegung, bei der die wirtschaftlichen Vorzeichen verkehrt wurden.

 

 

 

Martin Mosebach: Mogador

Roman

gebunden, 368 Seiten

Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2016